Fotos: Alessio Attanasio / ZDF, Roberta Daskevicius

Mit unseren beiden Kulturbotschaftern für die Stadt Oslo, den norwegischen Schauspielstars Lars Berge und Jakob Oftebro, haben wir uns zu einem Exklusivinterview undercover in den Straßen von Oslo verabredet.

Einem großen Publikum sind sie insbesondere als Kommissar Benjamin Fjeld aus „Kommissar Wisting“ und Spezialagent Carl Hamilton aus „Hamilton – Undercover in Stockholm“ bekannt.

Die beiden skandinavischen Krimiserien genießen mittlerweile Kultstatus. Und das nicht nur in ihren Heimatländern Norwegen und Schweden, sondern ebenso in Deutschland und international. „Kommissar Wisting“ wird regelmäßig in der ARD ausgestrahlt, „Hamilton – Undercover in Stockholm“ im ZDF. Ergänzend sind sie online in den Mediatheken abrufbar.

Was sind in Euren Augen die Gründe für den großen Erfolg von „Hamilton“ und „Wisting“?

Jakob Oftebro: Ich bin mit dem Ergebnis von „Hamilton“ sehr zufrieden. Ein Erfolgsfaktor liegt sicherlich in dem übergeordneten Thema eines Spezial- bzw. Geheimagenten an sich. Die Geschichte ist super cool, spannend und mit viel Action angereichert. Im Gegensatz zu vielen Krimiserien ist die Ausrichtung auf eine Person besonders, da sonst eher ein Ermittlungsteam die Fälle löst. Einerseits gibt es Parallelen zu James Bond, doch auf der anderen Seite ist Carl Hamilton vollkommen anders. Sein Charakter, seine Einbettung in die Geschichten und die atemberaubende Landschaft Skandinaviens sind einmalig.

Lars Berge: „Kommissar Wisting“ hebt sich in seiner aufwendigen Machart und den vielen Details der Charaktere von anderen traditionellen Krimiserien ab. Die im Winter dunkle skandinavische Naturkulisse bietet dabei eine perfekte Dramaturgie für die Handlung. Generell sind sich die skandinavischen Länder und Deutschland sehr ähnlich, was beispielsweise die Kultur, die behördlichen Strukturen und das Rechtssystem betrifft. Diese Nähe begünstigt natürlich den Erfolg des Formates von „Wisting“ in Deutschland.

Jakob Oftebro: Ja, genau, diese Nähe ist sehr bezeichnend, denn andersherum ist die deutsche Kultur auch äußerst populär in Norwegen. Ich denke da insbesondere an die Literatur, das Theater und den Film.

Wie kommt es aber, dass sich nur selten Filmproduktionen aus Europa gegen das starke Hollywood durchsetzen können? Ist dort einfach mehr Budget, mehr Glamour und mehr Marketing im Spiel?

JO: Selbstverständlich! Allein aus der Historie ergibt sich der Wettbewerbsvorteil: Im Laufe der Jahrzehnte hat sich Hollywood ein riesiges Potential aus den besten Talenten und den größten Absatzmärkten aufgebaut, aus dem es immer wieder schöpfen kann. Neu ist allerdings, dass der asiatische Markt signifikant an Größe und Einfluss gewinnt.

LB: In der Tat! Hinzu kommt, dass wir als Europäer alle mit amerikanischen Filmen und Produktionen aufgewachsen sind. Sie haben definiert, was ein guter Kinofilm ist, wie eine Serie sein sollte. Amerika hat die verschiedenen Genres sozusagen erfunden. Doch trotz alledem ist die Zukunft für den europäischen Film alles andere als düster. Dieser hat mittlerweile deutlich aufgeholt, bringt beachtliche Werke hervor und wird überall auf der Welt anerkannt.

Woher nehmt Ihr die Inspirationen bei Eurem künstlerischen Schaffen?

LB: Ich schaue mir viele Filme und Theaterproduktionen an. Wenn ich dann Kolleginnen und Kollegen sehe, deren Schauspiel mich überwältigt, denke ich mir: „Ich möchte genauso gut sein.“ Das inspiriert und motiviert. Sieben Jahre habe ich in New York gelebt, und nun besuche ich regelmäßig die Metropole, um mich beispielsweise am Broadway inspirieren zu lassen.

JO: Es gibt eine Reihe von Schauspielern, die mich seit meiner Jugend inspirieren und deren schauspielerisches Können ich bewundere: Jim Carrey, Mads Mikkelsen oder Lars Eidinger zum Beispiel. Ich bin außerdem in einer Schauspielfamilie aufgewachsen. Mein Vater, meine Stiefmutter und mein Bruder, sie alle sind Schauspieler, da kann man nicht entkommen (amüsiert).

Bei dem Schauspieler Lars Eidinger kommt uns gleich Berlin mit der Schaubühne in den Sinn. Im Jahre 2014 wurdest Du mit dem „Shootingstar“ der Berlinale für Norwegen ausgezeichnet. Wie war das für Dich?

 JO: Diese Auszeichnung ist natürlich etwas ganz Besonderes. Der feierliche Rahmen der Berlinale und die damit einhergehende mediale Aufmerksamkeit waren unglaublich. Plötzlich stand man im internationalen Fokus. Schon einige Jahre zuvor hatte ich immer mal wieder Berlin besucht, da ich die Stadt mit seinen Museen, Theatern und Läden äußerst interessant finde. So kam es auch, dass ich mir Lars Eidinger in „Hamlet“ angeschaut und ihn nach der Vorstellung tatsächlich persönlich getroffen habe.

Und Du, Lars, warst Du schonmal in Deutschland?

 LB: Ja, ich war einige Male in München, da meine Schwester Nora Holstad Berge drei Jahre für den FC Bayern München Fußball gespielt hat. In diesem Zusammenhang konnte ich u.a. das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft der Saison 2015/2016 live im Stadion in München anschauen. Gewiss haben sie den Titel geholt (schmunzelt). Leider bin ich über München bisher noch nicht hinausgekommen. Das muss sich ändern.

Wie sieht ein gelungener Tag für Euch aus?

JO: Generell gibt es vor allem zwei ganz unterschiedliche Szenarien für mich: Wenn ich einen Film drehe, stehe ich früh morgens auf und gehe zum Set. Die Arbeit bereitet mir viel Freude. Häufig bin ich dann jedoch über einen längeren Zeitraum nicht zu Hause und kann meine Familie nicht sehen. Sobald ich freie Zeit habe, verbringe ich diese mit meiner Familie. Ich liebe es, wenn wir in Oslo zusammen Ski fahren gehen.

LB: (Überlegt.) Ich wache auf und fühle mich energiegeladen. Dann geht es zu einem Filmdreh, einer Theaterprobe oder einer Aufführung. Am frühen Abend jogge ich eine Runde oder wandere durch das Gebirge in Oslo. Anschließend genieße ich gutes Essen und guten Wein mit Freunden an einem Ort, wo man sich unterhalten kann, die Musik sollte also nicht allzu laut sein. Alternativ mag ich es, selbst zu kochen und Freunde einzuladen. Ob norwegisch Lamm, mexikanisch, indisch oder asiatisch…

Für welche anderen Kunstgenres neben dem Schauspiel interessiert Ihr Euch?

LB: Ich spiele Gitarre und singe gern. Das ist für mich etwas, bei dem ich gut entspannen kann. Obschon ich nicht professionell singe, hilft mir das sogar beruflich, denn vielfach muss man bei einem Theaterstück auf der Bühne singen können.

JO: Mich beigeistern Fotografie, Literatur und Malerei. Daniel Richter finde ich zum Beispiel klasse. Er hatte vor einiger Zeit eine große Einzelausstellung bei uns in Oslo. Eines meiner Hobbys ist zu fotografieren. Das Fotomuseum in Berlin ist daher einer meiner Lieblingsorte. Ferner schreibe ich. Im Moment übrigens an einer TV-Serie.

Und wen fragt Ihr mal um Rat?

LB: Einer meiner besten Freunde ist gleichzeitig einer meiner Mentoren. Er ist mein „big brother in life“. Ihn kann ich allzeit um Rat fragen, sei es beruflich oder privat. Dieses große Privileg weiß ich sehr zu schätzen.

JO: Einige meiner Freunde sind selbst Schauspieler oder Produzenten, die kann ich stets fragen. Und auf jeden Fall meinen Vater, Bruder und Schwester.

Was ist ein Traum von Euch?

JO: Einmal auf der Berliner Schaubühne zu stehen (lacht).

LB: Ich bin glücklich, wenn ich auch in Zukunft das tun kann, was ich derzeit tue, schauspielen. Denn ich liebe es, Geschichten zu erzählen und mit der Vorstellungskraft zu spielen. Mein Drang ist, kreativ zu sein. Aus diesen Gründen wäre ich zusätzlich gern Regisseur.

 Wann sehen wir Benjamin Fjeld und Carl Hamilton wieder?

LB: Bald! Die Dreharbeiten für die neue Staffel von „Kommissar Wisting“ werden voraussichtlich im Frühjahr stattfinden.

JO: Ebenfalls in Kürze! Laut Plan steht der nächste Dreh für „Hamilton – Undercover in Stockholm“ im Sommer an.

Lars und Jakob, vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview mit Lars Berge und Jakob Oftebro führte Matthias Berghoff.